FOTO: JOHN LONDONO
POP
CDs
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NEUES
AUS
DER
M U S I K W E L T
M otörhead
AFTERSHOCK
UDR CD (auch als LP erhältlich)
(
47
')
Wo Motörhead draufsteht, ist noch
immer die volle Dröhnung drin.
Die Band um Hardrock-Urgestein
Lemmy Kilmister liefert im 38. Jahr
ihres Bestehens ihr Studioalbum
Nummer 21 ab: nicht anders, nicht
wirklich besser, aber auch nicht
schlechter als die davor. Allerdings:
Motörheads Problem ist, dass im
Laufe ihrer Karriere eine ganze
Reihe von Hymnen entstanden,
an denen man sie messen muss.
Obwohl das Trio seine Riffs wieder
in durchaus unterhaltsamer Form
aus den Instrumenten prügelt,
findet man auf „Aftershock“ keine
Klassiker wie „Ace Of Spades“. Das
zu erwarten wäre allerdings auch
etwas vermessen.
pb
MUSIK ★
KLANG ★
★ ★
______________
Au Revoir Simone
MOVE IN SPECTRUMS
PIAS/Moshi Moshi CD
(
46
’)
Auch als LP erhältlich
Dass sich David Lynch als großer
Fan des Synthipop von Au Revoir
Simone bekennt, verwundert in-
sofern, als der nicht so abgründig
anmutet wie viel andere von ihm
geschätzte Musik. Bei op. 4 - nach
vier Jahren auch ein Comeback -
wagt das Trio aus Brooklyn etwa,
sich mit „Boiling Point“ als Fan von
Phil Collins’ „In The Air Tonght“ zu
bekennen und mit „Love You Don’t
Know Me“ (Titel und einziger im-
mer wiederholter Vers) den ersten
Entwurf eines Songs als fertiges
Stück auszugeben. Stimmungsvoll
untermalen könnte dieser Entwurf
Filmsequenzen immerhin tatsäch-
lich.
F. Sch.
MUSIK ★
>-★
KLANG ★
______________
C liff Richard
THE FABULOUS ROCK ,N‘
ROLL SONGBOOK
Warner CD
(
44
’)
Schon zu Beginn seiner Karriere war
Cliff Richards Rock & Roll genauso
wenig halbstark wie der unseres
braven Peter Kraus. Jetzt, mit 73
Jahren, kehrt der Brite auf seinem
90. Album zu einigen Klassikern des
Genres zurück, und auch wenn inzwi-
schen nicht einmal mehr das kleinste
Fitzelchen von deren rebellischem
Charakter übrig geblieben ist, hört
man gern seinen Altersbearbeitun-
gen von Little Richard, Chuck Berry
und Elvis Presley zu. Das liegt am
jugendlichen Elan des „Dorian Gray
of Pop“ und der unerschütterlichen
Lebenslust, mit der er zum Beispiel
„Don’t Let Go“ und „Teddy Bear“
angeht. Vitales Spätwerk.
hake
MUSIK ★
KLANG ★
______________
H a lf M oon Run
DARK EYES
Island/Universal CD
Eigensinnig und doch eingängig,
mitreißend, aber auch melancho-
lisch, so klingt das Debütalbum
von Half Moon Run. Kein Zweifel,
die kanadische Band ist eine der
neuen Rockattraktionen 2013. Der
Falsettgesang des Leadsängers
erinnert etwas an Thom Yorke,
gerade in der Verbindung mit
elektronisch verfremdeten Sounds,
ungewöhnlichen Harmonien und
(teils) Dubrhythmen denkt man
bisweilen an dessen Band Radio-
head. Aber nur kurz, denn anders
als die Briten zuletzt sind Half
Moon Run deutlich eingängiger,
weil sie stärker am traditionellen
Songkonzept festhalten. Wobei sie
auch Folk- und sogar Country-Ele-
mente integrieren und zudem mit
dreistimmigen Satzgesängen glän-
zen (im Live-Konzert sangen sie
als Zugabe sogar ohne Mikrofon).
Chapeau!
A. Ku.
MUSIK ★
KLANG ★
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Flying Colors
LIVE IN EUROPE
Mascot/Rough Trade
2
CDs
(
100
')
Wahrlich eine Supergroup: Gitar-
rist Steve Morse und Bassist Dave
LaRue spielten schon bei den Dixie
Dregs zusammen, Ersterer ist seit 15
Jahren bei Deep Purple dabei. Neal
Morse hingegen kennt man durch
Spock’s Beard, Drummer Mike Port-
noy als Kopf hinter Dream Theatre,
und Gitarrist Casey McPherson
fungiert als Frontmann der Alter-
native-Band Alpha Rev. Die daraus
resultierende Musik kann man sich
vorstellen: virtuoser, kerniger Prog-
rock, handgemacht und - natürlich
- auch ein wenig Retro-orientiert.
Auf zwei CDs zeigt die Gruppe ein
breites Spektrum ihres Könnens:
durchaus
empfehlenswert
für
Freunde dieses Genres.
pb
MUSIK
KLANG ★ ★ ★
Lee Ranaldo And The Dust
LAST NIGHT ON EARTH
Matador/Indigo CD
(
64
’)
Von den geräuschartigen, oft
schmerzhaft tönenden Versuchs-
anordnungen, die er einst als Mit-
glied der Avantrocker Sonic Youth
in die M usikwelt einführte, ist
Lee Ranaldo auf seinem jüngsten
Soloalbum weit entfernt, einen
Ausverkauf früherer Ideale kann
man ihm trotzdem nicht vorwer-
fen. Denn das Vergnügen am
Experiment hat der Noiserock-Pi-
onier nicht verloren, nur dass er
es auf dem starken „Last Night
On Earth“ eben in traditionelleren
Zusam m enhängen, in deutlich
leichter konsum ierbaren Song-
strukturen auslebt.
In
einem
zeitgemäßen
Psy-
chedelic Rock, der von der neu
gegründeten
Begleitband
The
Dust und Gästen wie Keyboarder
John Medeski sehr dynamisch
vorgetragen wird, glänzt Ranaldo
erneut mit seiner unorthodoxen
Gitarrenbehandlung,
ertüftelt
ungehörte Klangfarben und selt-
same Saitenstim m ungen. Beim
Eröffnungstitel „Lecce, Leaving“
entlockt er seinem elektrifizierten
Saiteninstrum ent mittels
D igi-
talprozessoren superbe Effekte
und steigert sich im Soloteil in
ekstatische Klangkaskaden hinein;
im Intro zu „Key/Hole“ benutzt
er Rückkopplungen und verzerrte
Borduntöne geschickt als Kunst-
mittel; in „Late Descent #2“ erzielt
er mit gedoppelten Oktaven eine
ganz besondere Wirkung; und bei
„The Rising Tide“ stürzt er sich
mit der Gitarre Hals über Kopf in
riesige Hallräume, die bestens
zum psychedelischen Ansatz des
Longplayers passen.
Bei solch einer Erfindungsgabe
ist es kein Wunder, dass der mitt-
lerweile 57 Jahre alte New Yorker
vom renommierten Fachmagazin
Rolling Stone in die Liste der
„Greatest Guitarists Of All Time“
aufgenommen wurde. Diese Aus-
zeichnung hat er wahrlich verdient!
Harald Kepler
MUSIK ★ ★
KLANG ★
132 STEREO 1/2014
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